Sie sind nicht angemeldet.

Trava

...inaktiv...

  • »Trava« ist der Autor dieses Themas

Beiträge: 1 939

Wohnort: Pfalz

Beruf: Azubi

  • Nachricht senden

1

31.10.2007, 22:28

"Sie waren furchtbar grausam - und liebenswürdig"

Er trank in der Not seinen eigenen Urin, wollte sich im äußersten Fall das Leben nehmen. Fast drei Monate lang war Rudolf Blechschmidt in Afghanistan in der Gewalt von Kidnappern - jetzt erzählt er im "Stern" äußerst detailliert von der Geiselhaft und seinen Entführern.

Hamburg - Immer wieder haben sie ihn geschlagen. Als es in den ersten Tagen darum ging, ins Hochgebirge zu marschieren, trieben die Kidnapper Rudolf Blechschmidt vor sich her: "Mit dem Gewehrkolben auf den Kopf, richtig draufgehauen haben die", sagt der 62-Jährige jetzt im Interview mit dem "Stern". Erstmals erzählt er von den Strapazen seiner 84 Tage in Geiselhaft.

Schon am Montag war durch einen Bericht von SPIEGEL ONLINE bekannt geworden, dass der Ingenieur aus Ottobrunn bei München seine Kidnapper in Aussagen beim BKA als radikale Taliban beschrieben hatte. Dadurch erschienen die Zugeständnisse der Bundesregierung an die Kidnapper in einem anderen Licht, denn Verhandlungen mit politischen Geiselnehmern gelten eigentlich als tabu.

In der Zeitschrift bestätigt Blechschmidt jetzt ganz öffentlich, dass die Entführer aus seiner Sicht radikale Islamisten waren - und spricht ansonsten ausführlich darüber, wie sie ihn behandelten, wie seine schon zuvor angeschlagene Gesundheit litt, welche Mühe es ihn kostete, auf 3500 Meter Höhe mit Bluthochdruck, Kurzatmigkeit und schwerem Gepäck zu laufen. In den Nächten fror er bei nur fünf Grad. Manchmal hatte er innerlich mit seinem Leben abgeschlossen.

Es waren anstrengende Märsche im afghanischen Hochgebirge. Blechmidt musste schwere Munitionssäcke schultern und konnte kaum das Tempo seiner Entführer mithalten, die ihn immer wieder zwangen weiterzulaufen. "Man läuft wie in Trance, keucht, denkt: keinen Schritt mehr. Und dann immer noch, immer noch, immer noch. Und nicht nach oben schauen, immer bloß unten hin, dass man nicht sieht, wie hoch das noch geht."

"Hat es überhaupt einen Zweck, wenn es so weitergeht?"

Selbst mit seinen festen Bergschuhen war es für Blechschmidt schwierig, in dem steinigen Gelände voranzukommen. Seine Kidnappper dagegen liefen ohne festes Schuhwerk: "Die Taliban laufen ja in so Latschen rum, Gummilatschen. Denen macht das nichts aus."

Seine Versorgung mit Nahrungsmitteln war dürftig: "Mittags gab's meistens nichts, weil nichts mehr da war, und du hast halt gewartet, dass die Taliban abends vom Dorf raufkommen und Brot mitbringen, teilweise auch noch Kuchen und Aprikosen, Äpfel", sagt Blechschmidt. Und manchmal mangelte es auch an Wasser. Der Verschleppte trank seinen Urin, um den Durst zu stillen: "Ich habe ja früher in Saudi-Arabien gearbeitet, ich kannte das von den Beduinen."

In den Nächten fror Blechschmidt häufig - und wusste nicht, wie er in dem unwirtlichen Gelände schlafen sollte: "Vor lauter Steinen findest du keinen Platz zum Schlafen, und es war bitterkalt, fünf Grad, wenn's dunkel wurde, und ein kalter Wind hat durch die Felsspalten gepfiffen."

In manchen Augenblicken, schildert der Ingenieur, war für ihn die Verzweiflung größer als die Hoffnung, die Geiselzeit zu überleben. "Da überlegt man: Hat es überhaupt einen Zweck, wenn es so weitergeht?"

Keine Möglichkeit zur Flucht

Blechschmidt hatte vorgesorgt. Im äußersten Fall wollte er sich das Leben nehmen, statt sich von seinen Kidnappern umbringen zu lassen. Er hatte sich dafür heimlich eine Stange Sprengstoff und zwei Zünder aus einem Sprengstoffsack seiner Entführer gesichert. "Wenn es mal zu Ende geht, dann nach meinen Regeln, dachte ich."

Fluchtgedanken? Für Blechschmidt stellte sich diese Frage eigentlich nicht. "Wo willst du hin? Das sind 90 Kilometer bis zur Hauptstraße, alles Taliban-Gebiet."

Immerhin, später schlugen ihn seine Kidnapper nicht mehr, auch wenn er bis heute die Nachwirkungen der Strapazen und der Gewalt spürt: ein ständiges Pfeifen im Ohr, möglicherweise Tinnitus.

Manchmal waren seine Kidnapper sogar freundlich. Bis auf zwei brutale Männer habe es sich bei den Entführern um "ganz anständige Leute" gehandelt, erzählt Blechschmidt - und erzählt, wie sie für einen ebenfalls verschleppten Afghanen ein Pflaster organisierten, nachdem sie ihn wegen eines Fluchtversuchs verprügelt hatten. "Einerseits waren die furchtbar grausam und dann wieder liebenswürdig, das kann man sich hier gar nicht vorstellen", sagt Blechschmidt.

quelle: spiegel.de

--

Wow echt eine schreckliche Zeit die er da hatte.. Mein Beileid...

2

01.11.2007, 23:27

Wirklich schrecklich für den alten Mann... mein Beleid.. aber wie ist er entkommen?