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23.05.2006, 23:20

DDR - Was wisst ihr, was denkt ihr?

Hallo...
Ich habe gerade im MDR zusammen mit meiner Mutter eine Reportage über den Uranabbau im Heimatort meiner Mutter in Pöhla im Erzgebirge gesehen und bin danach irgendwie zum denken gekommen.
Ich hab mich eigentlich nie für DDR und die Geschichte interessiert aber irgendwie ist mir seit dem Film klar geworden, dass DDR viel mehr ist als man natürlich n der Schule lernt.
Es ging in der Reportage um einen Mann der Schacht-Vorarbeiter war in einem Uranschacht der Deutsch-russischen Aktiengesellschaft Wismut und es wurde darüber berichtet, dass fast die ganze Generation in diesem Gebiet an den Folgen der hohen Strahlung und der Radon-Dämpfe an Krebs oder Staublunge stirbt.
Meine Mutter hat noch erzählt, dass die Uranlaster immer am Tag ungeschützt durch den Ort gefahren sind. Man kann sich das wohl wie einen ungeschützten Kastortransport vorstellen..und das über 30 mal am Tag.
Das krasseste an der ganzen Sache ist, dass die Arbeiter nicht über die Risiken aufgeklärt wurden. In der Bevölkerung lebte die Illusion, dass der Arbeitsschutz gut ist, und das wäre er auch gewesen, wären da nicht Lohnprämien für schnelleres Arbeiten gewesen, die dazu beitragen, dass man den Arbeitsschutz vernachlässigt.
Es gab extra Schachtärzte, die ihre Patienten darüber nicht aufklären durften. Meine Großeltern aus dieser Richtung (also dem Erzgebirge) sind alle an Krebs erkrankt und zum Teil schon daran gestorben und meine Großeltern wo ich jetzt wohne (in der Nähe von Radeberg bei Dresden) sind auch beide am Krebs gestorben, wobei mein Opa hier "nur" Stellmacher war...deshalb werde ich wahrschenlich auch an Krebs erkranken irgendwann, aber das ist nicht das Thema.
Mit meiner Mutter bin ich natürlich schnell auf das Thema SED und FDJ gekommen.
Ein bekannter der Familie, der jetzt Pfarrer ist, war immer Klassenbester in der Schule, aber da er Christ war und seine Eltern kirchlich engagiert, hat er zwar pro forma immer Soneranerkennung bekommen aber diese Unterlagen wurden ihm alle wieder weg genommen, da er als Christ nicht besonders angesehen sein durfte.
Er durfte nie studieren, weil er nicht in der Partei war und meine Tante musste um an eine Wohnung zu kommen in die Partei eintreten.
Doch trotzdem hat diese Bergarbeitergeneration ihre Vergangenheit nie bereut und hat gesagt, wenn der Bergbau wieder anlaufen würde, wären sie wieder dabei. Dabei haben viele Nach niedergang des Bergbaus und aufgrund der schweren Krankheiten mit dem Trinken angefangen.
Das hat mich stark beeindruckt, denn irgendwie sprengt das den Rahmen, den einem der Geschichtsunterricht bieten kann in Tausend Stücke.
Die Schlussfolgerung des Ganzen war, dass die Ärzte den Patienten sagen, dass sie ihre letzten maximal 5 Jahre intensiv leben sollen.

Ich muss jetzt irgendwie sehr über diese Reportage nachdenken und auch über den Vorarbeiter, der irgendwann zu den Eltern eines seiner Lehrlinge gehen musste, und ihnen sagen sollte, dass ihr Sohn im Schacht gestorben ist. Und das nur, weil er in der SED war, um seiner Familie einen besseren Standart bieten zu können.
Denn man kann ihnen nicht vorwerfen, leichtfertig gewesen zu sein, denn sie hatten ja nicht wirklich eine Wahl...

Wollte eigentlich mal gerne wissen, was ihr so von der DDR haltet oder von ihr wisst und gerade was die ehemaligen West-Bürger von ihr mitbekommen/mitbekommen haben und was sie heute darüber denken.

Ulti


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23.05.2006, 23:50

Meine Freundin ist Ossi (ich Ösi...^^) und durch ihre Eltern und Großeltern habe ich schon einige Geschichten gehört.
Wie man Bücher durchschmuggeln wollte,über die Stasi,die Bergwerke.
War schon recht interessant.Bin ja öfters in (Ost) Deutschland und muss sagn dass da noch ziemlich vieles verfallen ist.In Österreich kenn ich keinen Ort wo wirklich Barracken stehen die seit dem Krieg nicht mehr hergerichtet wurden.
Sie wohnt in Halle und da sind doch einige Bauwerke,vorallem Fabriken, ziemlich zerstört. (Die Baufirmen müssten sich eigentlich dumm und dämlich verdienen)
Hab zB auch nicht gewusst dass es keine Bananen in der DDR hab.. :denk:
Wie die Ausbildung war,das Militär und Wohnungs und Arbeitssuche haben mir ihre Eltern recht gut erklärt.

Kann mich nur daran erinnern als ich so 5 Jahre alt war und vorm Fernseher dass ich gesehen habe wie Leute auf eine Mauer gestürmt sind und sich gefreut haben,mir wurde erst viel später bewusst was da los war.

Ich rate dir dass du umbedingt mal den Film 'Das Leben der Anderen' anschaust-
Läuft grad im Kino.Ein sehr sehr guter Film über die DDR/Stasi.Einer der besten die ich je gesehen habe.


..und je näher du mir kommst wird der Wind zum Sturm

3

24.05.2006, 00:11

von dem Film habe ich noch nichts gehört..aber ich hab sowieso vor jetzt öfters ins Kino zu gehen.
Mein Vater hat mir erzählt, dass er zur Zeit der Geburt meiner Großen Schwester gerade seinen Dienst bei der NVA getan hat.
Er hatte pro forma zwar Urlaub bekommen aber es sind wohl keine Züge gefahren und das wussten die Beamten auch.
Er ist dann in einem Zug mitgefahren wo er nicht mitfahren durfte und das hätte ihm unter Umständen Stasihaft im Gelben Elend in Bautzen verschafft, einem der gefürchtetsten Stasigefängnisse der DDR.
Aber das Personal hatte wohl ein Nachsehen mit seiner Situation, wodurch er nach Hause konnte...
wäre er wirklich da gelandet, wäre er heute sicher nicht so wie er ist, denn alle Opfer sagen imer, dass man dort verändert wird, dein Wille gebrochen wurde und man nie wieder richtig gesellschaftsfähig wurde.


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JaNe

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4

24.05.2006, 16:00

hmhm...interessantes Thema.

Also ich bin im Osten aufgewachsen, allerdings im Grenzgebiet. Mein Vater war Berufssoldat, Hauptmann bei den Grenztruppen (die nen bissl was anderes waren als die NVA). Meine Ma war Lehrerin für Mathe/Physik und Musik. Bis 1986, dann wurde sie Kulturtante bei der SED-Kreisleitung. Bin also in einem tiefrotem Elternhaus aufgewachsen. Trotzdem habe ich viele gute Erinnerungen an meine Kindheit.

- ich musste nie Sonntags in die Kirche und auch nicht zum Beichten
- dadurch dass wenige reinkamen ins Grenzgebiet wars doch sehr sicher
- wir als Grenzerfamilie hatten immer geile Ferienheime^^
- Schule war wichtig, ganz wichtig, die Lehrer waren "gezwungen" gute Leistungen von ihrer Klasse zu fordern
- Lebensmittel und alles andere was man zum Leben braucht, waren sehr sehr billig

etc.pp.

...aber auch schlechte Erinnerungen:

- ich hab mit meiner Ma &Sister oft des nachts wach gesessen, wenn mein Dad an die Grenze gerufen wurde..."Kommt er wieder? Ist er verletzt?"
- mein 1.Kindergarten war erzkatholisch und wir "roten" Kinder haben deswegen Prügel und Arrest bezogen. Ich war da ca. nen halbes Jahr und hab nich einmal den Spielplatz betreten...
- außerhalb des Grenzgebietes zu gelangen und wieder hinein war immer nen schwieriges Unterfangen
- 1x musste ich ins Pionierlager nördlich von Berlin, das war Horror. Eingesperrt, bei Regen, Wind und Wetter marschieren, dabei Kampflieder singen und keine Zeit für sich allein.
- immer war ich anders, zumindest für die Eltern meiner Freunde, das kann schon Sch*** sein fürn Kind...


Nun, ich kann sagen, bis auf einige Ecken und Kanten hab ich zu DDR-Zeiten gut gelebt.

Aber ich habe auch aus vielen Richtungen ganz ganz negative Sachen erzählt bekommen was gelaufen is, in EastGermany. Ich glaub den Menschen das auch, grade solche Bergarbeitergeschichten (wobei mir Tschernobyl einfällt, was wirklich auch hammerhart war /ist). Die Sowjetunion, heute Russland (unser damaliger Verbündeter) hatte mind. genausoviele KZ wie das 3. Reich...Oder oder oder....



Doch man darf niemals vergessen, dass solche Horrorgeschichten nicht nur im Ostblock passiert sind. Die BRD hat genauso harte Knäste wie Bautzen, in der BRD sind genausoviele Andersdenkende einfach verschwunden oder in den Knast gewandert. Die BW hat genauso auf unsere Soldaten geschossen, genauso grundlos und genauso sinnlos. Und genauso auf Anweisung von oben.
Sovieles wird heute in ganz Germany immer noch verheimlich, genauso wie damals in den Uranabbaugebieten der DDR. Das ist alles ein Gewerkel.

Was ich den "Ossis" hoch anrechne ist, dass die Wende auf ne relativ friedliche Art und Weise kam. Zumindest das was man im TV gesehen hat. Dass kein Bürgerkrieg zustande kam etc.

Heutzutage haben wir die Demokratie, es fahren Züge für werdende Papas und die dürfen auch nach Hause, wenns soweit ist, aber meine Ma, die ne Spitzenlehrerin war und bis heute ist (privat mit Nachhilfe, was anderes blieb ihr nicht übrig) darf nicht in einer Schule unterrichten, weil sie a.) bei der SED war (und viele andere Lehrer auch) und b.) angeblich den Stoff nicht kann.
Wenn ich nochmal ein Baby bekomme, darf ich mit KiGa - Kosten von umme 180€ rechnen, in der DDR gabs die zum Nulltarif und für jeden(!). Früher kannte ich die Welt nur ausm Atlas, heute darf ich ma eben nach Holland fahren. Alles für und wider, nach wie vor, nur in anderen Bereichen.
Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit vor und nach der Wende heben sich also auf.

Vorerst abschliessend möcht ich noch einwas loswerden:

Ossi-Wessi-Sprüche kann ich nicht ab. Ich kanns nicht mehr hören oder lesen. Es sind bald 2 Jahrzehnte vergangen seit der Wende und immer noch werden Menschen auf ihre Herkunft reduziert. Es gibt echt nicht viel, was ich hasse, so richtig ausm Herzen hasse. Aber solche blöden Sprüche schon.
Es gibt in jedem verdammten Bundesland, in jedem Land, auf jedem Kontinent A***löcher, aber des A***lochs Nachbar ist eventuell nen feiner Kerl. Die alten Bundesländer, die neuen Bundesländer...immer noch diese Scheiß-Differenzierung, nach der langen Zeit! Wozu dann die Wende?
Leider sind meine Eltern nach wie vor der Meinung, dass fast alle "Wessis" Nieten, Abzocker und Geizkragen sind. Ist auch regelmäßig Streitpunkt und bei solchen Diskussionen bin ich jedesmal kurz davor, aufzustehen und zu gehn. Denn ansonsten sind sie immer sehr tolerant gewesen.
Es ist mir echt egal, wo jemand lebt oder aufgewachsen ist, ob nun in Heidelberg direkt am Neckar oder im Ghetto von Leipzig, meinetwegen auch in ner Höhle im Wald. Er ist trotzdem nen MENSCH und hat es verdient, nicht nur akzeptiert sondern auch respektiert zu werden.

Achja, und Ulti: der menschliche Wille wird hier in Deutschland spätestens dann wieder gebrochen, wenn unsere Amerika-gerichtete Regierung bei uns die Wootcamps einführt....


Janie








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24.05.2006, 17:04

@JaNe:
Das mit den Ossis und Wessis kann ich auch auf den Tod nicht ab. Sollen wir doch froh sein, dass wir heute frei entscheiden können in welchem Bundesland wir arbeiten und wohnen wollen..aber nein dann sind Ossis wieder Arbeitsplatzklauer, weil der Westen ja soviel besser ist und wir alle am Hungertuch nagen oder die Wessis sind Irgendwelche Schmarotzer die sich an der ehemaligen Armut dieser Länder bereichert haben...
Sicherlich gab es solche Fälle...
Viele ostdeutsche Firmen wurden nach der Wende aufgekauft, Material und Anlagen abtransportiert und die Fabriken geschlossen und am Ende noch Fett Subvention vom Staat kassiert, aber dass es immer solche Fälle gibt und die nicht an der Tagesordnung stehen sollte auch bekannt sein.
Meiner Meinung nach ist es auch eine Sache der Medien die z.T echt diese Trennung von Ost und West noch verbreiten...
Aber ich sehe es eigentlich als Chance...meine Schwester arbeitet und wohnt jetzt auch im Westen und wurde dort freundlich und herzlich aufgenommen.
Die Leute die denken sie sind Arbeitslos wegen vielen Einwanderen (seien es die Ossis oder die Wessis oder die Nordis oder Südis) wollen das vielleicht so sehen und nicht auf Grund ihrer fehlenden Fähigkeiten oder Schulabschlüsse...denn Unternehmen beziehen natürlich auch lieber Arbeiter aus der Region aber wenn andere nun mal besser sind...da können dann die Arbeiter selbst nix für.

Meine Mutter sagt halt auch immer dass die DDr auch gut war und echt Ideen hatte mit denen sie der BRD weit voraus war...vor Allem in der Kinderbetreuung und dem Ärztewesen...es gab in jedem kleinen Dorf einen Arzt und auch als alter Mensch konnte man da hin kommen...heute muss man in die nächsten Städte fahren um an Ärzte zu kommen...
Kinder wurden kostenlos betreut und das meiner Meinung nach nicht schlecht.
Sachsen wurde ja immer als Tal der Ahnungslosen bezeichnet haben mir paar Leute erzählt...wahrscheinlich waren wir echt so ein kleines hinterbliebenes Völkchen...
Ich bereue es persönlich ein bisschen dass ich nichts von der DDR mitbekommen habe denn ich war zur Zeit der Wende erst 2/3 Jahre.


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07.07.2006, 13:03

Ich war zur Wende 22 Jahre und hab alles mitbekommen.Aber ich will nicht viel dazu sagen nur eines,wer nicht in der DDR gelebt hat,der kann auch nicht darüber diskutieren,soviel steht fest.Und jetzt im Nachinein da drüber sich auszulassen bringt keine Punkte.Man kann vielleicht mal ein paar Storys erzählen,aber das wars auch schon.
Ich hab übrigens ca.10km vor dem Sperrgebiet gewohnt. ;)
Manchmal wünsche ich mir einen Level100 Mörder Account ......